Firmeninsolvenzen Gesamtjahr 2012

2,2 Prozent weniger Firmeninsolvenzen/ zweitniedrigstes Niveau in zehn Jahren

Kernergebnisse

  • 2012 ereigneten sich in Deutschland 29.619 Firmeninsolvenzen – zweitniedrigster Wert nach dem Ergebnis 2007 in den letzten zehn Jahren
  • Rückgang 2012 gegenüber 2011 um minus 2,2 Prozent
  • Ausreißer 2012: 4. Quartal mit Anstieg um knapp 1,3 Prozent
  • Bundesweite Insolvenzschäden 2012: circa 38,3 Milliarden Euro 
(2011: 31,5 Milliarden Euro)
  • Bürgel Prognose für 2013: 30.300 Firmeninsolvenzen
  • Am meisten Unternehmensinsolvenzen in Nordrhein-Westfalen 
(absolut: 11.176; relativ: 160 Pleiten je 10.000 Firmen)
  • Am wenigsten Firmeninsolvenzen in Bremen (absolut: 231) bzw. 
Baden-Württemberg (relativ: 51 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen)
  • Bundesdurchschnitt: 92 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen
  • Steigende Fallzahlen in zwei Bundesländern: Thüringen (plus 3,8 Prozent) und 
Schleswig-Holstein (plus 2,4 Prozent)
  • Stärkster Rückgang: Bremen und Mecklenburg-Vorpommern (minus 12,2 Prozent)
  • Gewerbebetriebe am stärksten von Insolvenz betroffen (40,6 Prozent der insolventen Firmen) – gegenüber 2011 allerdings um minus 3,7 Prozent weniger Fälle
  • Unternehmergesellschaften (haftungsbeschränkt) mit Insolvenz-Anteil 
von 5,2 Prozent verzeichnen im Untersuchungszeitraum 26,1 Prozent 
mehr Insolvenzen
  • 27 Prozent der Unternehmenspleiten gehen auf das Konto von Firmen, die bis zu 
zwei Jahre am Markt aktiv waren
  • 51,5 Prozent der Insolvenzen betreffen Dienstleister (absolut: 15.267)

1. Überblick: Firmeninsolvenzzahlen sinken 2012 um 2,2 Prozent
Die Zahl der Firmeninsolvenzen ist 2012 weiterhin rückläufig. Insgesamt wurden im Gesamtjahr in Deutschland 29.619 Unternehmen zahlungsunfähig – 2,2 Prozent weniger als im Vorjahr. „Die europäische Staatsschuldenkrise und die Schwächephase der deutschen Wirtschaft zum Jahresende 2012 haben nicht zu einem Anstieg der Firmeninsolvenzen in Deutschland geführt“, betont Dr. Norbert Sellin, Geschäftsführer der Wirtschaftsauskunftei Bürgel. Laut Dr. Sellin haben das Wirtschaftswachstum im Jahr 2012 und das weiterhin hohe Niveau der deutschen Exporteure dazu beigetragen, dass sich die Zahl der Firmeninsolvenzen auf dem zweitniedrigsten Niveau innerhalb der vergangenen zehn Jahre befindet. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Bürgel Studie „Firmeninsolvenzen 2012“. Demnach kam es in dieser Dekade nur im Jahr 2007 zu weniger Unternehmensinsolvenzen – siehe Grafik 1.

Nach rückläufigen Firmeninsolvenzzahlen in den Jahren 2010 und 2011 sinkt die Zahl der Insolvenzen 2012 zum dritten Mal in Folge. Allerdings fällt der Rückgang um 2,2 Prozent geringer aus als in den Vorjahren. „2010 betrug dieser Wert noch minus 4,4 und 2011 sogar minus 6,2 Prozent“, skizziert Dr. Sellin. „Im Verlauf des vergangenen Jahres haben die durch Firmeninsolvenzen verursachten Schäden für Gläubiger stark zugenommen.“ Dies sei insbesondere der hohen Zahl an Großinsolvenzen geschuldet – allen voran Schlecker und Neckermann. Insgesamt belaufen sich die bundesweiten Insolvenzschäden im Jahr 2012 auf rund 38,3 Milliarden Euro gegenüber 31,5 Milliarden Euro im Jahr 2011. Ferner steigt 2012 die Zahl der Arbeitnehmer, die durch eine Firmeninsolvenz ihren Arbeitsplatz verloren haben.

Für 2013 rechnet Bürgel bei den Firmeninsolvenzen mit einem leichten Anstieg auf 30.300 Insolvenzfälle. „Begründet wird dieser Zuwachs mit der sich abschwächenden Konjunktur in Europa und den schwachen Wachstumsprognosen für Deutschland“, betont Dr. Sellin. „Nachgelagert können sich diese konjunkturellen Einflüsse auf die Zahl der Firmeninsolvenzen auswirken“. Im vierten Quartal 2012 sei dieser Negativtrend bereits erkennbar gewesen – mit einem Anstieg der Fallzahlen um knapp 1,3 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres.

2. Regionale Verteilung: Höchste Insolvenzquote in Nordrhein-Westfalen
Nordrhein-Westfalen führt die Insolvenzstatistik bei den absoluten Zahlen im Jahr 2012 an – mit 11.176 zahlungsunfähigen Unternehmen. Jede dritte der insgesamt 29.619 Firmeninsolvenzen bundesweit ereignete sich in dem größten deutschen Bundesland. Aber auch Bayern (3.394 Firmeninsolvenzen), Niedersachsen (2.393), Baden-Württemberg (2.230) und Hessen (1.653) weisen im absoluten Vergleich hohe Werte auf. Am besten schlägt sich 2012 hingegen Bremen mit lediglich 231 Fällen – siehe Grafiken 2 und 3.

Ein differenziertes Bild zeigt sich beim relativen Vergleich: Auch hier kommt Nordrhein-Westfalen mit 160 Pleiten je 10.000 Firmen auf den schlechtesten Wert. Eine hohe Insolvenzquote weisen aber auch die Bundesländer Schleswig-Holstein und das Saarland auf (je 108 Firmeninsolvenzen je 10.000 Unternehmen). Sachsen-Anhalt (103) gefolgt von Bremen (102), Sachsen (99) und Berlin (97) melden im Ländervergleich ebenfalls zahlreiche Unternehmenspleiten. Am wenigsten Firmenzusammenbrüche ereigneten sich hingegen in Baden-Württemberg (51 Fälle je 10.000 Unternehmen). Aber auch Bayern (59), Hessen (67), Thüringen (69), Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg (je 70) melden 2012 geringe Insolvenzquoten. Werte knapp unter dem Bundesdurchschnitt (92 Pleiten je 10.000 Unternehmen) weisen Rheinland-Pfalz (83), Hamburg (85) und Niedersachsen (89) auf – siehe Grafiken 4 und 5.

3. Regionale Veränderung: Fallzahlen in Thüringen und Schleswig-Holstein steigen
Obwohl die Zahl der Firmeninsolvenzen bundesweit um 2,2 Prozent sinkt, steigen die Fallzahlen in zwei der sechzehn Bundesländer sogar an: Thüringen meldet das stärkste Wachstum auf Länderebene um 3,8 Prozent; Schleswig-Holstein verzeichnet 2,4 Prozent mehr insolvente Firmen als noch 2011 – siehe Grafik 6.

Deutlich weniger Firmeninsolvenzen verbuchen unterdessen Bremen und Mecklenburg-Vorpommern (minus 12,2 Prozent). Und auch in Sachsen-Anhalt sinken die Fallzahlen zweistellig (minus 11,4 Prozent). Weniger Firmenpleiten im Jahr 2012 melden zudem das Saarland (minus 9,3 Prozent), Sachsen (minus 8,4 Prozent) und Berlin (minus 6,6 Prozent). Die schwächsten Rückgänge bei den Fallzahlen verzeichnen Nordrhein-Westfalen (minus 0,3 Prozent), Bayern (minus 0,6 Prozent), Hamburg (minus 0,7 Prozent), Rheinland-Pfalz (minus 1,0 Prozent) und Hessen (minus 1,7 Prozent).

 

4. Insolvenzen nach Rechtsform: Deutlicher Anstieg bei haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaften
Gewerbebetriebe sind 2012 am stärksten von Firmeninsolvenzen betroffen. Ihr Anteil an der Insolvenzstatistik macht 40,6 Prozent aus. Das entspricht 12.025 Fällen. Allerdings hat sich die Zahl der Gewerbetriebe, die im Jahr 2012 Insolvenz anmelden mussten, im Vorjahresvergleich um 3,7 Prozent verringert. Auch die GmbH gehört zu den am stärksten betroffenen Rechtsformen: Jedes dritte zahlungsunfähige Unternehmen ist 2012 eine GmbH (Anteil: 34,3 Prozent; absolut: 10.149).
Den mittlerweile drittstärksten Anteil von 5,2 Prozent am Firmeninsolvenzgeschehen in Deutschland macht die Rechtsform der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) aus. Diese Rechtsform hat im vergangenen Jahr satte 26,1 Prozent mehr Insolvenzen verursacht als noch im Referenzjahr 2011. Bei den Aktiengesellschaften beträgt der Anteil an der Firmeninsolvenzstatistik derweil lediglich 0,8 Prozent. Allerdings steigen hier die Fallzahlen gegenüber 2011 um 0,9 Prozent – siehe Grafik 7.

 

5. Unternehmensalter: Junge Firmen besonders stark von der Insolvenz betroffen
Knapp 40 Prozent der Unternehmensinsolvenzen werden von Firmen angemeldet, die bis zu vier Jahre am Markt aktiv waren. Mehr als ein Viertel aller Insolvenzen (27 Prozent) gehen auf Firmen zurück, die maximal zwei Jahre am Markt agiert haben. 2012 waren 8.007 dieser Jungunternehmen von einer Pleite betroffen. Im Vorjahresvergleich sinken die Fallzahlen hier leicht um 0,6 Prozent. Andererseits verbucht die Gruppe der Firmen, die 3 bis 4 Jahre am Markt aktiv waren (Anteil an Insolvenzstatistik: 12,4 Prozent), gegenüber dem Referenzzeitraum einen Anstieg um 2,9 Prozent auf 3.668 Fälle. Betrachtet man deren Gründungsdatum während oder kurz nach der Finanzkrise, fällt auf, dass viele dieser Jungfirmen es nicht geschafft haben, ihre schwierigen Startbedingungen zu meistern – siehe Grafik 8.

6. Branchenfokus: Dienstleister besonders betroffen
Vor allem Dienstleister sind 2012 in die Insolvenz abgeglitten – insgesamt 15.267 Firmen. Dieser Wert entspricht mehr als der Hälfte aller Insolvenzen im Jahr 2012 (51,5 Prozent). Aber auch der Handel mit 6.673 Firmenpleiten (Anteil am Insolvenzgeschehen: 22,5 Prozent), das Baugewerbe mit 4.267 (Anteil: 14,4 Prozent) und das verarbeitende Gewerbe mit 2.569 Insolvenzen (Anteil: 8,7 Prozent) müssen starke Einschnitte verkraften. Die übrigen Insolvenzen verteilen sich auf diverse Branchen.

7. Ursachen von Firmeninsolvenzen und Ausblick
Trotz der europäischen Staatsschuldenkrise sind die Firmeninsolvenzzahlen in Deutschland weiterhin rückläufig und erreichen in der Zehnjahresanalyse den zweitniedrigsten Wert. Für 2013 rechnet Bürgel bei den Firmeninsolvenzen mit einem leichten Anstieg und prognostiziert 30.300 Unternehmensinsolvenzen.
Die Hauptursachen für Unternehmenspleiten bleiben nach wie vor erstens das Ausbleiben neuer Aufträge bzw. Stornierung oder die Verschiebung bereits erteilter Aufträge. Zweitens sorgen Dominoeffekte dafür, dass zahlungsunfähige Firmen weitere Unternehmen mit in die Insolvenz reißen. „Selbst gesunde Firmen können in eine wirtschaftliche Schieflage geraten, denn rund 20 Prozent der insolventen Unternehmen sind von diesen Dominoeffekten betroffen“, erläutert Dr. Sellin. Drittens sind oftmals Managementfehler für ein erhöhtes Insolvenzrisiko verantwortlich. „Eine falsche Markteinschätzung oder fehlende Wettbewerbsfähigkeit können zum Scheitern von Unternehmen führen“, resümiert Dr. Sellin.

Herausgeber: Bürgel Wirtschaftsinformationen GmbH & Co. KG, Gasstraße 18, 22761 Hamburg, presse@buergel.de, www.buergel.de

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