Firmeninsolvenzen 1. Halbjahr 2013

Nach drei Jahren sinkender Fallzahlen nimmt im ersten Halbjahr 2013 die Menge der Firmeninsolvenzen wieder leicht zu. 

Statistik legt erstmals wieder zu: 1,8 Prozent mehr Firmeninsolvenzen im ersten Halbjahr

Kernergebnisse

  • 15.349 Firmeninsolvenzen von Januar bis Juni 2013 (plus 1,8 Prozent)
  • Prognose Gesamtjahr 2013: Bis zu 30.500 Firmenpleiten – rund 900 mehr als 2012 (plus 3 Prozent)
  • Schäden für Gläubiger: knapp 16,3 Milliarden Euro im ersten Halbjahr
  • Absolut und relativ am meisten Firmeninsolvenzen in Nordrhein-Westfalen: 5.777 Pleiten gesamt bzw. 79 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen
  • Am wenigsten Insolvenzen in Bayern mit 33 Pleiten je 10.000 Unternehmen
  • Bundesdurchschnitt: 49 Pleiten je 10.000 Unternehmen
  • Halbjahresvergleich: Quote steigt in zwölf Bundesländern
  • Stärkster prozentualer Zuwachs: Thüringen mit plus 6,3 Prozent
  • Stärkster Rückgang: Saarland mit minus 6,0 Prozent

1. Überblick: Trendumkehr bei den Firmeninsolvenzen in Deutschland
Nach drei Jahren sinkender Fallzahlen nimmt im ersten Halbjahr 2013 die Menge der Firmeninsolvenzen wieder leicht zu: Von Januar bis Juni meldeten in Deutschland 15.349 Unternehmen eine Insolvenz an – 1,8 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie „Firmeninsolvenzen 1. Halbjahr 2013“ der Wirtschaftsauskunftei Bürgel.

Verantwortlich dafür, dass die Fallzahlen seit 2009 erstmals wieder steigen, macht Bürgel Geschäftsführer Dr. Norbert Sellin „vor allem die Nachwirkung der schwachen Konjunktur im letzten Quartal 2012“. Auf Jahressicht werde sich am neuen Trend nicht viel ändern: Zwar geht Bürgel für die zweite Jahreshälfte 2013 von weniger Fallzahlen aus, rechnet aber mit bis zu 30.500 Firmenpleiten im Gesamtjahr. Das entspräche einem Zuwachs um knapp drei Prozent bzw. um 900 Fälle gegenüber 2012. Folgt man Sellin, dann steht die aktuelle Bürgel Prognose nicht in Widerspruch zu einer verbesserten Konjunktureinschätzung: „Konjunkturprognosen spiegeln die Zukunftserwartungen wider. In den Insolvenzstatistiken zeichnet sich hingegen die Vergangenheit ab“, erklärt der Bürgel Geschäftsführer.



Insbesondere die Industrie verzeichnet neben dem Dienstleistungssektor mehr Firmeninsolvenzen: Am stärksten betroffen sind der Maschinenbau, die Druckindustrie, das Textilgewerbe sowie die Speditions- und Logistikunternehmen. „Firmen halten sich mit ihren Ausgaben angesichts der nachhaltig getrübten Absatzperspektiven zurück. Auch die anhaltende Unsicherheit hinsichtlich der Krise im Euroraum lähmt die bisherige Investitionsbereitschaft“, skizziert Sellin. Gerade Exportunternehmen leiden unter der schwächelnden Weltkonjunktur. Im ersten Quartal 2013 wurde vielen Firmen zudem der lange Winter zum Verhängnis. In Summe führen diese Effekte zu einem leichten Anstieg bei den Schäden für die Gläubiger. Diese Schäden liegen im Untersuchungszeitraum bei knapp 16,3 Milliarden Euro und entsprechen einer Steigerung um plus 1,6 Prozent.

Hauptursachen für Unternehmenspleiten sind das Ausbleiben neuer Aufträge bzw. die Stornierung oder die Verschiebung bereits erteilter Aufträge. Auch das Zahlungsverhalten von Kunden wirkt sich unmittelbar auf die Liquidität von Unternehmen aus. Insbesondere Firmen, die mit hohen Zahlungsausfällen kämpfen müssen, haben nur einen begrenzten Finanzierungsspielraum. So werden Dominoeffekte angestoßen, die mit Zahlungsverzögerungen, Liquiditätsengpässen und Finanzierungsschwierigkeiten beginnen und schließlich manches Unternehmen in die Insolvenz treiben. Aktuell sind rund ein Fünftel der Unternehmensinsolvenzen von diesen Dominoeffekten betroffen. Zudem sind oftmals Managementfehler für ein erhöhtes Insolvenzrisiko verantwortlich. So können falsche Markteinschätzungen oder fehlerhafte Produktplanungen sowie Investitionsfehler zum Scheitern von Unternehmen führen – ebenso wie eine mangelnde Wettbewerbsfähigkeit.

2. Firmeninsolvenzen je Bundesland: Nordrhein-Westfalen mit höchster Insolvenzquote
Ein Großteil der Firmeninsolvenzen geht auf das Konto der Bundesländer Nordrhein-Westfalen (5.777), Bayern (1.751), Baden-Württemberg (1.240) und Niedersachsen (1.209). Aussagekräftiger ist indes der Blick auf die so genannte Insolvenzquote: den Anteil der Pleiten je 10.000 Unternehmen in einem Bundesland. Auch hier führt Nordrhein-Westfalen die Insolvenzstatistik mit 79 Pleiten je 10.000 Unternehmen an. Über dem Bundesdurchschnitt mit 49 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen rangieren auch Sachsen-Anhalt (61), Sachsen (54), Schleswig-Holstein, Niedersachen und Bremen (jeweils 53) sowie Berlin (51).



Knapp unter dem Bundesdurchschnitt liegen Hamburg (48 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen) und das Saarland (47). Am wenigsten Firmeninsolvenzen melden im ersten Halbjahr 2013 Bayern mit 33 Pleiten je 10.000 Unternehmen, Baden-Württemberg (35) und Brandenburg (39).



3. Prozentuale Veränderung: Mehr Firmeninsolvenzen in zwölf Ländern
Auch wenn die Insolvenzstatistik nur geringfügig anzieht: In zwölf der 16 Bundesländer steigen die Fallzahlen bei den Firmeninsolvenzen an – allen voran in Thüringen mit 6,3 Prozent mehr Firmenpleitiers. Aber auch in Baden-Württemberg (plus 6,2 Prozent), Hessen (plus 5,9 Prozent) und Hamburg (plus 5,1 Prozent) sind im Untersuchungszeitraum mehr Firmen von einer Insolvenz betroffen. Weniger Fälle verzeichnen hingegen das Saarland (minus 6,0 Prozent), Bremen (minus 1,8 Prozent), Bayern und Schleswig-Holstein (beide minus 1,0 Prozent).

 

4. Insolvenzen nach Rechtsform und Unternehmensalter
Gewerbebetriebe und GmbHs sind in den ersten sechs Monaten des Jahres am stärksten von Firmeninsolvenzen betroffen. Insgesamt wurden 6.391 Gewerbebetriebe zahlungsunfähig – das entspricht einem Anteil von 41,6 Prozent an der Insolvenzstatistik. Bei den GmbHs kam es zu 5.941 Insolvenzfällen (Anteil an der Insolvenzstatistik: 38,7 Prozent). Den mittlerweile drittstärksten Anteil von 5,7 Prozent am Firmeninsolvenzgeschehen in Deutschland macht die Rechtsform der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) aus. Diese Rechtsform hat im vergangenen Halbjahr 11 Prozent mehr Insolvenzen verursacht als noch im Referenzhalbjahr 2012.

Weiterhin ein Großteil der Firmeninsolvenzen in Deutschland resultiert aus Neugründungen. Insgesamt mussten 3.808 Firmen, die nicht länger als zwei Jahre am Markt aktiv waren, Insolvenz anmelden. Somit gehen knapp ein Viertel aller Firmeninsolvenzen in Deutschland auf das Konto von Neugründungen. Gerade in der Startphase sorgt vor allem eine fehlende Kapitalausstattung für Finanzierungsschwierigkeiten. Auch scheitern Neugründungen, wenn sich deren Geschäftsideen als nicht marktgerecht erweisen. Zudem machen den Gründern vor allem Marktveränderungen, strategische Fehlentscheidungen und mangelnde fachliche Kompetenz zu schaffen.

5. Fazit und Prognose: Bis zu 30.500 Firmenpleiten im Gesamtjahr erwartet
Anders als bei den Privatinsolvenzen (siehe Bürgel Studie „Schuldenbarometer 1. Halbjahr 2013“) legen die Fallzahlen bei den Firmenpleiten im ersten Halbjahr 2013 zu. Für das Gesamtjahr rechnet Bürgel im Vorjahresvergleich ebenfalls mit steigenden Fallzahlen und mit bis zu 30.500 Firmeninsolvenzen. Dies entspräche einem Anstieg um knapp 3 Prozent.

Herausgeber: Bürgel Wirtschaftsinformationen GmbH & Co. KG, Gasstraße 18, 22761 Hamburg, presse@buergel.de, www.buergel.de

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