Firmeninsolvenzen 2015

Die Zahl der Firmeninsolvenzen ist 2015 weiter gesunken. Insgesamt musst 23.222 Unternehmen eine Insolvenz anmelden

Firmeninsolvenzen sinken 2015 um 5,4 Prozent - Männer führen Firmen doppelt so oft in eine Insolvenz wie Frauen

1. Einleitung: Sechster Rückgang in Folge - 23.222 Firmen melden eine Insolvenz an

Die Zahl der Firmeninsolvenzen in Deutschland ist 2015 weiter gesunken. Insgesamt mussten im letzten Jahr 23.222 Unternehmen eine Insolvenz anmelden. Dies entspricht einem Rückgang um 5,4 Prozent im Vergleich zum Jahr 2014 (24.549). „Es ist der sechste Rückgang bei den Firmeninsolvenzen in Folge und der niedrigste Stand seit Einführung der Insolvenzordnung im Jahr 1999“, kommentiert Bürgel Geschäftsführer Dr. Norbert Sellin die aktuellen Zahlen. Im Zehn-Jahresvergleich ist die Zahl der Firmeninsolvenzen um 36,9 Prozent zurückgegangen. 2005 gab es in Deutschland noch 36.843 Firmenpleiten.


2. Ursachen der sinkenden Firmeninsolvenzzahlen – auch 2016 weniger Firmeninsolvenzen erwartet

„Die Unternehmen in Deutschland profitieren von den für sie günstigen Rahmenbedingungen“, so Dr. Sellin.  Die Gründe für die rückläufigen Insolvenzzahlen sind weiterhin die stabile Binnenkonjunktur und günstige Finanzierungsbedingungen. Der private Konsum treibt die Konjunktur aufgrund eines  hohen Beschäftigungsniveaus an. Da ein enger Zusammenhang zwischen der konjunkturellen Entwicklung und der Insolvenzhäufigkeit von Unternehmen besteht, ist der Hauptgrund für den erneuten Rückgang der Firmeninsolvenzen daher in dem guten konjunkturellen Umfeld zu sehen. Konjunkturelle Abschwungphasen würden hingegen vermehrt für Unternehmenskrisen und daher für mehr Insolvenzen sorgen. „Für das Jahr 2016 gehen wir von einem Rückgang um 2 Prozent aus und rechnen mit 22.700 Firmeninsolvenzen“, prognostiziert Dr. Sellin. Eine schwächere Entwicklung der Weltwirtschaft, vor allem durch eine Verschlechterung der Situation in China, könnte die Unsicherheit für Unternehmen allerdings erhöhen. In diesem Fall wären auch mehr Firmeninsolvenzen denkbar.

3. Männer führen Firmen doppelt so oft in eine Insolvenz wie Frauen

Das Thema Frauen in Führungspositionen diskutieren Politik und Öffentlichkeit in regelmäßigen Abständen. Erstmals hat die Wirtschaftsauskunftei Bürgel daher untersucht, ob mehr Männer oder Frauen an der Spitze von insolventen Unternehmen stehen. Das Ergebnis ist eindeutig: In mehr als doppelt so vielen Fällen stehen ein oder mehrere Männer an der Spitze eines insolventen Unternehmens. Laut Analyse melden 85 je 10.000 (0,85 Prozent) Unternehmen mit einem oder mehr männlichen Entscheidern (z.B. Geschäftsführer oder Inhaber) eine Insolvenz an – im Vergleich dazu sind es nur 42 je 10.000 Firmen (0,42 Prozent) mit einer oder mehreren Frauen in der Führungsetage. Auch gemischt geführte Unternehmen sind weniger von einer Zahlungsunfähigkeit betroffen (50 je 10.000 Unternehmen; 0,5 Prozent).  Absolut gesehen gab es bei 18.676 (80,5 Prozent) der insolventen Unternehmen nur einen Entscheider an der Firmenspitze.

4. Negative Entwicklungen im Insolvenzgeschehen 2015

Trotz des sechsten Rückganges in Folge gab es 2015 auch negative Entwicklungen. Firmeninsolvenzen führen weiterhin zu Schäden in Milliardenhöhe und haben daher eine hohe volkswirtschaftliche Relevanz. In der Summe beliefen sich die durch Insolvenzen verursachten Schäden 2015 auf circa 19,7 Milliarden Euro (2014: 26 Milliarden Euro). Ursache für den Rückgang sind die vergleichsweise geringen Großinsolvenzen im Jahr 2015. Zudem waren erneut über 220.000 Arbeitnehmer von der Insolvenz eines Unternehmens betroffen. Die größte Einzelinsolvenz im Jahr 2015 meldete mit knapp 3.500 Mitarbeitern Imtech an. Ein weiterer negativer Trend setzt sich auch 2015 fort. Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) bleibt eine Rechtsform, aus der viele Insolvenzen resultieren. Im Vergleich zum Vorjahr steigen die Fallzahlen in diesem Segment um 4,6 Prozent auf 2.144 Fälle. Damit macht die UG mittlerweile 9,2 Prozent am Insolvenzgeschehen in Deutschland aus.

5. Firmeninsolvenzen je Bundesland: Nordrhein-Westfalen führend in der Insolvenzstatistik

2015 mussten 23.222 Firmen in Deutschland eine Insolvenz anmelden. Dies entspricht 0,7 Prozent der bundesweiten Firmen. Beim Blick auf die einzelnen Bundesländer zeigen sich 2015 große regionale Unterschiede. Die meisten Firmenpleiten gab es – wie bereits im letzten Jahr – in Nordrhein-Westfalen. Bei den absoluten und relativen Zahlen ist das flächengrößte Bundesland führend in der Insolvenzstatistik. 7.326 bzw. 109 je 10.000 Unternehmen mussten 2015 in Nordrhein-Westfalen eine Insolvenz anmelden. Auch in Bayern (3.017), Niedersachsen (1.973) und Baden-Württemberg (1.860)  gab es absolut gesehen viele Insolvenzen.

In der relativen Betrachtung (Firmeninsolvenzen je 10.000 Unternehmen) ändert sich die Reihenfolge. Nach Nordrhein-Westfalen (109) hat Bremen mit 105 Pleiten je 10.000 Unternehmen die höchste Insolvenzdichte. Es folgen mit Berlin (95), Hamburg (93), Schleswig-Holstein (90), Saarland (89) und Sachsen-Anhalt (85) Bundesländer, die alle über dem Bundesdurchschnitt von 72 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen liegen. Die wenigsten Firmeninsolvenzen gab es 2015 in Baden-Württemberg (42 je 10.000 Firmen), gefolgt von Bayern (50), Thüringen und Brandenburg (je 52).


6. Prozentuale Veränderungen: In vier Bundesländern steigen die Fallzahlen – deutlicher Rückgang in Brandenburg

In vier Bundesländern steigen die Fallzahlen entgegen dem Bundestrend an. Den deutlichsten Zuwachs verzeichnet Bayern mit vier Prozent mehr Insolvenzen. Aber auch in Berlin (plus 3,7 Prozent),  Mecklenburg-Vorpommern (plus 2,7 Prozent) und in Baden-Württemberg (plus 1,5 Prozent) gab 2015 mehr Firmeninsolvenzen als im vergangenen Jahr. Den deutlichsten Rückgang meldete Brandenburg mit 15,9 Prozent weniger Insolvenzen. Ebenfalls zweistellig sanken die Werte in Thüringen (minus 14,6 Prozent), Bremen (13,0 Prozent), Niedersachsen (11,9 Prozent) und Rheinland-Pfalz (10,8 Prozent).


7. Firmeninsolvenzen nach Rechtsform: Unternehmergesellschaft bleibt Risikorechtsform

Weiterhin die höchsten Anteile am Insolvenzgeschehen in Deutschland machen die Rechtsformen Gewerbebetriebe und Einzelunternehmen (40,5 Prozent; 9.420 Fälle) sowie die GmbHs (39,9 Prozent; 9.265 Fälle) aus. Die  Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)  hat  ihren  negativen Trend fortgesetzt und den Anteil  am  Insolvenzgeschehen  weiter  erhöht. Die Insolvenzen stiegen um 4,6 Prozent auf 2.144 Fälle. Im relativen Vergleich führt die UG mittlerweile die Insolvenzstatistik an. Die Quote liegt bei 225 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen.

8. Firmeninsolvenzen nach Branchen: Die Logistik ist am stärksten von Insolvenzen betroffen

Hinsichtlich der Insolvenzdichte in den Hauptbranchen zeigt sich, dass Logistikunternehmen stark von Insolvenzen betroffen sind. Hier liegt die Quote im Jahr 2015 bei 138 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen. Es folgen das Baugewerbe (97) und der Handel (78). Geringe Werte liefern die Energiebranche (16) und das verarbeitende Gewerbe (45). 

9. Unternehmensgröße: Vermehrt kleine Unternehmen von der Insolvenz betroffen

Ein Blick auf die Unternehmensgröße zeigt, dass im Jahr 2015 vor allem kleine Unternehmen eine Insolvenz anmelden mussten. Der Anteil der Firmen mit maximal 5 Mitarbeitern betrug 80,1 Prozent.  Der Anteil am Insolvenzgeschehen nimmt mit steigender Zahl der Arbeitnehmer ab. 8,7 Prozent der Unternehmen, die eine Insolvenz anmelden mussten, beschäftigten zwischen 6 und 10 Mitarbeitern. Bei Firmen, die 51 oder mehr Angestellte haben, liegt der Anteil am Insolvenzgeschehen nur noch bei 2,8 Prozent.


10. Ursachen von Firmeninsolvenzen: Häufig gibt es mehrere Insolvenzgründe

Unternehmenskrisen, die in einer Insolvenz münden, haben überwiegend nicht nur eine Ursache, sondern sie entstehen aus dem Zusammenwirken krisenverursachender Faktoren. Die aktuelle Wirtschaftslage ist nur ein Faktor, der den Erfolg oder Misserfolg von Unternehmen beeinflusst. Daneben gibt es weitere unternehmensexogene und unternehmensendogene Ursachen für Unternehmensinsolvenzen. Änderungen gesetzlicher Rahmenbedingungen, technischer Wandel, Wechselkursänderungen im Außenhandel oder die Insolvenz eines wichtigen Geschäftspartners (Dominoeffekt) sind Beispiele für Einflüsse von außen, die ein Unternehmen auf die schiefe finanzielle Bahn lenken können. Unternehmensendogene Ursachen, wie zum Beispiel geringe Eigenkapitalbasis, Mängel im Produktbereich (Qualität, Preis, Produkteigenschaften), Führungsprobleme oder Managementfehler können in allen betrieblichen Funktionsbereichen begründet liegen und eine Insolvenz auslösen.

Herausgeber: Bürgel Wirtschaftsinformationen GmbH & Co. KG, Gasstraße 18, 22761 Hamburg, presse@buergel.de, www.buergel.de

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