Zahlungsausfallrisiko von Unternehmen: 8,9 Prozent der Unternehmen in Deutschland haben finanzielle Probleme

Über 310.000 Unternehmen in Deutschland werden mit finanziellen Problemen in das Jahr 2018 starten.

1. Einleitung: 8,9 Prozent der Unternehmen in Deutschland haben finanzielle Probleme

Über 310.000 Unternehmen in Deutschland werden mit finanziellen Problemen in das Jahr 2018 starten. Dies zeigt eine aktuelle Studie der Wirtschaftsauskunftei CRIFBÜRGEL zur Zahlungsfähigkeit und Überschuldung von Firmen in Deutschland.

In der Analyse hat CRIFBÜRGEL 3.514.796 Unternehmen in Deutschland hinsichtlich ihrer Finanzstärke untersucht. Das zentrale Ergebnis lautet: 8,9 Prozent der Unternehmen bzw. 311.723 Firmen insgesamt weisen derzeit eine schwache Bonität damit ein sehr hohes Zahlungsausfallrisiko. Im Vergleich zum Sprachgebrauch bei Veröffentlichungen zu Privatpersonen, gelten diese Unternehmen damit als überschuldet und haben ein erhöhtes Insolvenzrisiko. Die Anzahl der finanzschwachen Unternehmen erhöhte sich laut Studie im Vergleich zum Vorjahr um 9,5 Prozent. „Trotz der guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Unternehmen stieg die Zahl der Firmen mit einem hohen Zahlungsausfallrisiko“, kommentiert CRIFBÜRGEL Geschäftsführerin Ingrid Riehl die aktuellen Zahlen.

Die Firmeninsolvenzen werden 2017 zwar erneut und damit das achte Mal in Folge sinken. Am Jahresende rechnet CRIFBÜRGEL mit 20.500 Firmenpleiten und damit den niedrigsten Stand seit 1999. „Der Anstieg der Zahlen bei den finanzschwachen Unternehmen zeigt jedoch, dass wir uns auf eine Trendwende bei den Firmeninsolvenzen einstellen müssen“, so Riehl.

Die derzeit gute Konjunktur in Deutschland ist dem starken Export und der Zinssituation geschuldet. Zudem nehmen Einkommen und Kaufkraft der Konsumenten weiter zu, was sich wiederum positiv auf die Unternehmen auswirkt. Globale wirtschaftliche und politische Veränderungen wie auch eine Zinswende können die Konjunktur stören und als verstärkende Effekte auf die Firmeninsolvenzzahlen wirken.

2. Bundesländer: Anteil finanzschwacher Unternehmen in Sachsen-Anhalt am höchsten

Laut Studie haben derzeit 311.723 Unternehmen in Deutschland finanzielle Probleme. Beim Blick auf die regionale Verteilung der Firmen mit hohem Zahlungsausfall- bzw. Insolvenzrisiko zeigen sich große Unterschiede. In absoluten Zahlen stehen Nordrhein-Westfalen (72.045), Bayern (39.745), Baden-Württemberg (32.980) und Niedersachsen (26.021) an der Spitze der Statistik der Bundesländer mit den meisten finanzschwachen Unternehmen. In Bremen (2.383) und im Saarland (2.946) gibt es absolut vergleichsweise wenig Firmen mit einem erhöhten Zahlungsausfallrisiko.

Bezogen auf die Firmendichte geht die höchste Insolvenzgefahr derzeit von Unternehmen in Sachsen-Anhalt aus. Aktuell sind 12,6 Prozent der Unternehmen dort in einer finanziellen Schieflage und somit von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit betroffen. Aber auch in Sachsen (12,2 Prozent), Berlin (10,6 Prozent), Nordrhein-Westfalen (10,2 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (10,1 Prozent), Brandenburg (9,6 Prozent), Thüringen (9,4 Prozent) und Bremen (9,2 Prozent) ist die Insolvenzgefahr der Unternehmen höher als im Bundesdurchschnitt (8,9 Prozent).

Prozentual betrachtet geht ein geringeres Risiko von Unternehmen in Bayern aus. Hier gelten nur 6,7 Prozent der Unternehmen bonitätsschwach. Aber auch in Baden-Württemberg (7,4 Prozent), Hessen und Schleswig-Holstein (je 8,0 Prozent), Niedersachsen (8,5 Prozent), Saarland (8,6 Prozent), Hamburg (8,7 Prozent) und Rheinland-Pfalz (8,8 Prozent) ist die Quote insolvenzgefährdeter Unternehmen geringer als im Bundesdurchschnitt.

3. Prozentuale Veränderungen: Nur in Mecklenburg-Vorpommern sinken die Fallzahlen

In 15 Bundesländern hat sich die Zahl finanzschwacher Unternehmen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erhöht. Einzig in Mecklenburg-Vorpommern sank die Zahl der Firmen leicht um 0,5 Prozent. Am stärksten stieg die Zahl insolvenzgefährdeter Unternehmen in Baden-Württemberg (plus 12,8 Prozent) und in Bayern (plus 12,6 Prozent). Aber auch in Rheinland-Pfalz (plus 12,1 Prozent), Bremen und Saarland (plus 11 Prozent), Schleswig-Holstein (plus 10,3 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (plus 10,1 Prozent) erhöhte sich die Zahl zweistellig.

4. Großstadtranking: Duisburger Unternehmen mit dem höchsten Insolvenzrisiko

Auch eine Analyse der 30 größten Städte in Deutschland zeigt regionale Unterschiede hinsichtlich des Zahlungsausfallrisikos von Unternehmen. Demnach haben Firmen in Duisburg das höchste Insolvenzrisiko – 12,2 Prozent der Firmen (2.130) sind von einer Zahlungsunfähigkeit bedroht. Es folgen Chemnitz (11,9 Prozent; 3.500 Unternehmen), Braunschweig (11,3 Prozent; 1.182 Unternehmen) und Leipzig (11 Prozent; 3.467 Unternehmen). Weniger Risiko bergen die Unternehmen in München (5,4 Prozent; 5.411 Unternehmen); Münster (5,7 Prozent; 773 Unternehmen) und Stuttgart (5,7 Prozent; 1.932 Unternehmen).



5. Unternehmen mit Top-Bonität: Nordrhein-Westfalen führend

In der aktuellen Studie hat CRIFBÜRGEL neben finanzschwachen auch Unternehmen mit der Top-Bonitätsnote 1,0 untersucht. Sowohl bei den absoluten als auch relativen Zahlen ist Nordrhein-Westfalen in dieser Statistik führend. Derzeit weisen 526 bzw. 0,06 Prozent der Firmen im größten Bundesland die bestmögliche Bonität auf. Den geringsten Anteil von Unternehmen mit der Bonitätsnote 1,0 gibt es in Mecklenburg-Vorpommern (0,02 Prozent; 15 Unternehmen).

6. Branchenanalyse: Unternehmen aus der Logistik mit dem höchsten Risiko

Je nach Branchenzugehörigkeit der untersuchten Unternehmen zeigen sich deutliche Unterschiede hinsichtlich der finanziellen Schwäche der Unternehmen. Am stärksten von möglichen Zahlungsausfällen betroffen sind Unternehmen aus der Logistik (Insolvenzrisiko liegt bei 13,4 Prozent) und aus dem Gastgewerbe (11,5 Prozent). Darüber hinaus haben Firmen aus dem Baugewerbe ein höheres Risiko, Insolvenz anmelden zu müssen. Der Anteil gefährdeter Unternehmen liegt in dieser Branche bei 9,1 Prozent. Das geringste Risiko einer Insolvenz haben Unternehmen aus dem Gesundheitswesen (2,2 Prozent) und Energieversorger (2,3 Prozent).



7. Analyse der Rechtsformen: Hohes Insolvenzrisiko bei der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)

13,5 Prozent der Unternehmergesellschaften (haftungsbeschränkt) droht eine Insolvenz. Damit nimmt die UG den schlechtesten Wert aller Rechtsformen ein. Aber auch bei den Gewerbebetrieben (9,5 Prozent) und der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (9,2 Prozent) liegt der Anteil insolvenzgefährdeter Unternehmen über dem Durchschnitt. Ein geringes Insolvenzrisiko bergen Aktiengesellschaften. Nur 3,3 Prozent aller AGs gelten als finanzschwach und sind von einer Pleite bedroht.


8. Anzeichen von Unternehmenskrisen

Es gibt in der Praxis typische Verhaltensmuster, die frühzeitig auf eine prekäre Situation von Unternehmen hinweisen: etwa wenn eine schlechtere Zahlungsmoral, ein verändertes Bestellverhalten oder eine häufige Änderung in der Geschäftsführung, Bankverbindung oder Firmierung auftreten. Indikatoren sind aber auch, wenn Zahlungen durch ungerechtfertigte Mängelrügen hinausgezögert, mündliche Zusagen gebrochen oder häufig Rechnungskopien angefordert werden. Zudem leisten sich die betroffenen Unternehmen keine Neuanschaffungen mehr und nutzen veraltete Produktionsanlagen. Hinweise auf eine finanzielle Schieflage liefert auch der Verbrauch von Eigenkapital über Jahre hinweg oder die mehrfache Erhöhung der Kreditlinie (Fremdkapitaleinsatz).

9. Studiendesgin: Analyse der Finanzlage von Unternehmen

In der Studie hat CRIFBÜRGEL eine Vielzahl von Informationen zur Finanzlage der Unternehmen, die Aufschluss über die Zahlungsfähigkeit geben, ausgewertet. Dazu gehören u.a. Angaben in den Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Mitarbeiter- und Umsatzzahlen oder Zahlungserfahrungen. Außerdem fließen Informationen zu vorhandenen gerichtlichen Negativmerkmalen in die Analyse mit ein. Laut der aktuellen Auswertung gelten im Dezember 2017 311.723 Firmen in Deutschland als finanzschwach (Stichtag: 4. Dezember 2017). Anders ausgedrückt gelten 8,9 Prozent der insgesamt über 3,5 Millionen von CRIFBÜRGEL für die Studie auf Zahlungsfähigkeit untersuchten Unternehmen als überschuldet und demnach als insolvenzgefährdet. Die betroffenen Unternehmen verfügen über einen Bonitätsindex im Bereich zwischen 4,5 bis 6,0.

Herausgeber: CRIF Bürgel GmbH, Friesenweg 4, Haus 12, 22763 Hamburg, presse@buergel.de, www.crifbuergel.de

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